Ambivalenz als fester Bestandteil des Führungsalltags
Führungskräfte stehen täglich im Spannungsfeld widersprüchlicher Anforderungen. Entscheidungen müssen schnell getroffen werden – und doch wohlüberlegt sein. Nähe zum Team ist gefragt – ohne an Autorität zu verlieren. Stärke zeigen – und zugleich menschlich bleiben. Diese Ambivalenzen sind kein Mangel an Klarheit. Sie sind Ausdruck von Komplexität. Und wer sie erkennt, statt sie zu bekämpfen, entdeckt darin eine unerwartete Stärke.
Ambivalenz fordert heraus. Sie bedeutet, dass es selten einfache Antworten gibt. Führungskräfte erleben das in Form innerer Spannungen: Kontrolle vs. Vertrauen, Effizienz vs. Innovation, Stabilität vs. Veränderung. Viele versuchen, diese Gegensätze aufzulösen – doch oft vergeblich. Denn gerade in der Fähigkeit, Gegensätze auszuhalten und produktiv zu machen, liegt eine besondere Qualität von Leadership. Wer Ambivalenz zulassen kann, schafft Raum für neue Perspektiven. Für ein Sowohl-als-auch statt eines starren Entweder-oder. In diesem Spannungsfeld entsteht Tiefe – in Entscheidungen, im Denken, in der Führung.
Ambivalenz ist keine Schwäche. Sie ist Realität – und Schönheit zugleich. Wer sie annimmt, entwickelt nicht nur mehr Selbstführung, sondern auch eine andere Präsenz im Außen. In einer Welt, die selten eindeutig ist, braucht es genau diese Form von innerer Reife: den Mut, Spannungen zu tragen, ohne sie vorschnell auflösen zu müssen. Führung wird dadurch nicht leichter – aber echter.